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Sabrina Janesch am 30. März im Theatertreff

Als Sabrina Janesch vor 5 Jahren den Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis erhielt, bescheinigte ihr die Jury ein „originäres und vitales Erzähltalent“, das sich nicht an literarischen Trends orientiere. Sie sei eine engagierte und weltoffene Autorin, „deren magischer Realismus Tradition und Moderne miteinander verbindet“. Auch ihr neuer Roman – „Sibir“ – bestätigt diese Charakterisierung. Aus ihm wird Sabrina Janesch am Donnerstag, dem 30. März, um 20 Uhr im Theatertreff (Neubrückenstraße 63) lesen.

Sabrina Janesch, geboren 1985 studierte Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus an der Universität Hildesheim und zwei Semester Polonistik an der Jagiellonen-Universität in Krakau. Seit 2009 arbeitet sie als Schriftstellerin und Publizistin. Sie ist mit zahlreichen literarischen Preisen ausgezeichnet worden. 2011 erhielt sie den Nicolas-Born-Förderpreis der Niedersächsischen Landesregierung und den Anna Seghers-Preis; 2014 bekam sie das Jahresstipendium des Landes Niedersachsen und 2015 den Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen, 2017 wurde sie mit dem Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis ausgezeichnet. Sabrina Janesch lebt mit ihrer Familie in Münster.

In „Sibir“ verbindet die Autorin mit den Geschichten ihres Vaters ihre eigenen Erinnerungen. Der Vater wurde 1945 als Kind in die zentralasiatische Steppe deportiert - sie selbst wuchs als Tochter des zurückgekehrten Aussiedlers in einem niedersächsischen Dorf auf.

Furcht und Unsicherheit erfassen den zehnjährigen Josef Ambacher, als er das Wort „Sibirien“ aufschnappt. Die Erwachsenen verwenden es für alles, was im fernen, fremden Osten liegt. Dorthin werden 1945 Hunderttausende deutscher Zivilisten von der Sowjetarmee verschleppt, unter ihnen eben auch Josef. Das Ziel ist Kasachstan. Dort angekommen, findet er sich in einer harten, aber auch wundersamen Welt wieder – und er lernt, sich gegen die Steppe und ihre Vorspiegelungen zu behaupten. Mühlheide, 1990: Josef Ambacher, heimgekehrt, wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert, als nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion russische Aussiedler die niedersächsische Kleinstadt erreichen. Seine Tochter Leila steht zwischen den Welten und muss vermitteln.

Sabrina Janesch erzählt in leuchtenden Farben die Geschichte zweier Kindheiten, einmal in Zentralasien nach dem Zweiten Weltkrieg, einmal fünfzig Jahre später in Norddeutschland. Dabei verbindet sie unbekannte und unerzählte Kapitel der deutsch-russischen Geschichte miteinander. Ein großer Roman, der in Zeiten wie diesen eine besondere Aktualität gewinnt: Vertreibungen, Aussiedlungen, Enteignungen, neue Heimaten …

Olaf Kühl in der Berliner Zeitung: „Das Interessante und Schöne an dem Buch ist, wie Sabrina Janesch die historischen Fakten in Literatur verwandelt.“


Vorverkauf: ROSTA Buchladen, Aegidiistr. 12, 48143 Münster - buchladen@rosta-online.de - Tel: 0251-44926, Öffnungszeiten: Mo-Fr: 10-18.30 Uhr, Sa: 10-15 Uhr


Annie Ernaux – Literarischer Salon am 18. April 2023

Nach der Vergabe des Literaturnobelpreises an Annie Ernaux (geb. 1940) und die kontroversen Reaktionen war die Schriftstellerin schlagartig auch all denen bekannt, die sich zuvor nicht besonders für Frankreich oder „Frauensachen“ interessierten und mit dem Begriff „Autosoziofiktion“ nichts anzufangen wussten. Annie Ernaux schreibt seit einem halben Jahrhundert und wurde in Deutschland einem größeren Kreis bekannt, als vor einigen Jahren die Welle literarischer Texte über Herkunft, Milieu und soziale Ungleichheit den Buchmarkt überrollte. Die Ahnin dieser Bewegung ist Annie Ernaux. Ihre schlanken Texte verknüpfen Individual- und Kollektivgeschichte und bestechen durch die Sichtbarmachung der „feinen Unterschiede“, die schnörkellose Klarheit des Stils und die Reflexion auf das Schreiben selbst. In dem frühen Vaterbuch Der Platz (1983) erinnert sich die Erzählerin, „die niemand anderes ist als der Autor“ (französischer Klappentext 1983), an das einfache Leben ihres Vaters und den eigenen sozialen Aufstieg. Im Rückblick stellt sich die Frage nach Zugehörigkeit und Verrat. Die späte Erzählung Der junge Mann (2022) schildert die selbstbewusste Liaison zwischen einer älteren Dozentin und einem Studenten als Déja-Vu-Erlebnis zwischen Skandal und Aufbruch. Beide Bücher sind Gegenstand des Abendgesprächs, mit einem Exkurs in die breiter angelegte Lebensbeschreibung Die Jahre (2008).

Moderation: Walburga Hülk-Althoff, Christian von Tschilschke
Als Gast: Prof. Dr. Gregor Schuhen (Landau)