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Juri Andruchowytsch

Der deutsch-russischen Gesellschaft Münster und dem Literaturverein Münster ist es gelungen, einen der wichtigsten ukrainischen Autoren für eine Lesung in Münster zu gewinnen. Am Sonntag, den 25. März wird um 20 Uhr in der Rüstkammer des Rathauses (Prinzipalmarkt 8) Juri Andruchowytsch aus seinem Roman „Moscoviada“ lesen. Der 1960 in Stanislaw geborene Erzähler, Essayist und Lyriker ist im Jahr 2001 mit dem Herder-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung, 2005 mit dem Sonderpreis zum Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück und im letzten Jahr mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet worden; in seiner Heimat ist er Vizepräsident des Ukrainischen Schriftstellerverbands. Neben seiner eigenen schriftstellerischen Arbeit übersetzt Andruchowytsch aus der deutschen, polnischen, russischen und englischen Sprache ins Ukrainische, so beispielsweise Gedichte von Rilke und Boris Pasternak sowie Shakespeares „Hamlet“, aber auch Dichter der amerikanischen Beat Generation. In Münster wird Andruchowytsch aus einem Roman lesen, mit dem er vor fast 15 Jahren in der Ukraine debütierte und der heute ein gefeiertes Kultbuch ist. Entstanden ist das Buch 1992 während eines Stipendienaufenthalts in Feldafing bei München. Der Roman spielt an einem regnerischen Maisamstag des Jahres 1991, und er transformiert das lebensgeschichtliche Material, das Andruchowytsch als Literaturstudent in Moskau „gesammelt“ hat, in die Geschichte eines Otto von F., der im Wohnheim des Gorki-Instituts mit den poetischen Hoffnungsträgern aus der sowjetischen Provinz zusammentrifft, die aber unter der Bedingung des zerfallenden Imperiums unversehens zu Vertretern der künftigen jungen Nationalliteraturen werden: Abchasen und Kasachen, Tadschiken und Turkmenen, Georgier und Kirgisen. - und eben ‚seine‘ Ukrainer…

Der Roman erzählt, wie Otto von F. zu einer bizarren Odyssee zunächst durch Moskaus Oberwelten aufbricht, sich „mit Gewalt“ von seiner Freundin trennt, den Sprengstoffanschlag auf eine Imbissbude überlebt und seine ursprünglichen Pläne längst vergessen hat, als er in die Unterwelt gerät, in der es womöglich noch eine ganz andere, eine geheime, nur für Stalin vorgesehene U-Bahn gibt, die verglaste Folterkeller passiert. Zu schlechter Letzt gerät er in die Kanalisation, in der Riesenratten gezüchtet werden, die gegen die der Demokratiebewegung eingesetzt werden wollen. Und dann richtet der Held noch ein Massaker an unter den Toten der russischen Geschichte, ehe er sich selbst die Kugel gibt, ins Leben zurückkehrt - und zurück nach Hause fährt, Richtung Kiew. Die F.A.Z. ist begeistert: „Andruchowytsch hat seine allegorische Phantasie ebenso mit Science-fiction und Horrorfilmen wie mit den Unterweltsklassikern von Dante bis Poe genährt. (…) ‚Moscoviada‘ ist ein glänzend geschriebenes, von Sabine Stöhr glänzend übersetztes Buch - was nicht leicht gewesen sein dürfte angesichts des manisch aufgekratzten Grundtons und der vielfältigen Sprachspielereien. Es ist eine volle Ladung ‚Bubabu‘, wie Andruchowytsch das karnevalistische Gebräu nannte, mit dem er und einige Mitstreiter die spätsowjetische Ukraine literarisch unsicher machten. Das Imperium wird weggelacht.“