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Tommy Wieringa

Für seinen letzten Roman erhielt Tommy Wieringa den hochdotierten Bookspot Preis nicht nur in der Kategorie der Kritiker, sondern auch der Leser. Am Mittwoch, den 9. Oktober 2019 wird er um 20 Uhr im Haus der Niederlande (Alter Steinweg 6/7, 48143 Münster) aus diesem Roman lesen, der im Titel den Namen einer Heiligen trägt: „Santa Rita“.

Tommy Wieringa, 1967 im niederländischen Goor geboren, studierte Geschichte und Journalistik an der Universität Utrecht. Er schreibt Romane, Erzählungen, Essays und Reisereportagen; für seine Bücher hat er zahlreiche Auszeichnungen erhalten, unter anderem den F. Bordewijk-Prijs und den Libris Literatuur Prijs. Zuletzt sind in deutscher Übersetzung erschienen „Niemandes Herr, niemandes Knecht“ (2015) und „Dies sind die Namen“ (2016). Als Journalist schrieb Wieringa unter anderem für „De Volkskrant“ und „Vrij Nederland“. Mit der Musikgruppe Donskoy experimentierte er beim Zusammenspiel von Poesie und Musik und veröffentlichte die CD „Beatnik glorie“.

Tommy Wieringas neuer Roman spielt im Osten der Niederlande, dort, wo man, wie der Autor es in einem Interview ausgedrückt hat: „Nedersaksich“ spricht. Den lebensgeschichtlichen und existentiellen Quellgrund seines Roman hat Wieringa in einem Interview so umrissen: „Die Idee für „Santa Rita“ hat mit meiner frühen Jugend zu tun, die ich mit meinem Vater auf einem Hof verbracht habe, weit entfernt von allem.“ Sein Vater und er seien einerseits voneinander abhängig gewesen, aber andererseits sei es nicht gelungen, eine Beziehung zueinander aufzubauen: „Er versuchte, mich auf seine eigene klägliche Weise großzuziehen. Als ich älter wurde, rührte mich die Erinnerung daran, mit welch gut gemeinter Amateurhaftigkeit er sich bemüht hatte, meine abwesende Mutter zu ersetzen.“ Von dieser Erinnerung habe das Buch seinen Ausgang genommen: „Für die weitere Geschichte stellte ich mir vor, was geschehen wäre, wenn ich für den Rest meines Lebens bei meinem Vater geblieben wäre – und das kommt sehr oft vor in dieser Gegend: Kinder, die ihr Elternhaus nie verlassen haben und als pflegende Angehörige ihre alten Eltern betreuen.“ Wieringas „Held“ ist Paul Krüzen, der mit „Militaria“ handelt. Als sein einziger Freund Hedwiges eines Nachts in seinem Haus brutal zusammengeschlagen und ausgeraubt wird, hat Paul sofort den Besitzer des Bordells jenseits der Grenze im Verdacht. Tommy Wieringas mitreißender Roman zeichnet das Schicksal der Verlierer in den abgehängten Gebieten mit großer Empathie nach: Was der jahrzehntelange Stillstand aus den Menschen macht und wie Angst und Zweifel plötzlich in Wut und Hass umschlagen.

Auf die Frage nach der Bedeutung des Titels hat Wieringa so geantwortet: „Santa Rita ist die Heilige der hoffnungslosen Fälle – und damit passt sie hervorragend zu den Romanfiguren. Die Hauptfigur Paul Krüzen verehrt Santa Rita zunächst ironisch, aber im Verlauf der Geschichte wird es immer ernsthafter.“