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Jo Lendle

Viele Münsteraner kennen sie, die Domagk-Straße. Wenige wissen noch, dass der Straßenname sich bezieht auf den Pathologen und Bakteriologen Gerhard Johannes Paul Domagk (1895–1964), der als Hochschullehrer auch viele Jahre in Münster tätig war. Kaum einer weiß, dass Domagk 1939 den Nobelpreis für Medizin erhielt. Aber auf Anordnung Adolf Hitlers war es ab 1937 deutschen Preisträgern verboten, diese Auszeichnung anzunehmen, weil die Verleihung des Friedensnobelpreises an den Journalisten und Regimegegner Carl von Ossietzky für die Nationalsozialisten eine außenpolitische Schlappe bedeutet hatte. Erst im Jahr 1947 konnte Domagk den Nobelpreis für Medizin aus den Händen des schwedischen Königs entgegennehmen. Ein Mitarbeiter von Professor Domagk war der Großonkel des Schriftstellers Jo Lende, Und dieser Ludwig Lendle ist es, der im Mittelpunkt des neuen Romans von Jo Lendle steht. Am Mittwoch, den 27. April 2022 wird Jo Lendle um 20 Uhr im Theatertreff, Neubrückenstraße 63, aus diesem Roman lesen: „Eine Art Familie“.

Jo Lendle, geboren 1968 in Osnabrück, studierte Literatur, Kulturwissenschaften und Philosophie in Hildesheim und Montreal und war erster Absolvent des Deutschen Literaturinstituts Leipzig. Er ist Autor von Romanen und Übersetzer. Seit Anfang 2014 ist er Verleger des Hanser Verlags und Herausgeber der Literaturzeitschrift „Akzente“. Er ist Juror des W.-G.-Sebald-Literaturpreises sowie des Deutschen Buchhandlungspreises. Jo Lendle ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.

Sein „Familienroman“ führt vom Kaiserreich über den Nationalsozialismus und die junge DDR bis in die Bundesrepublik der Nachkriegszeit. Jo Lendle erzählt über das Zerbrechen einer Familie, über Schuld, über Wissenschaft und ihr Verhältnis zur Welt – und über die feinen Unterschiede zwischen Schlaf, Narkose und Tod. Es ist die Geschichte einer deutschen Familie – zufällig seiner eigenen.

Gabriele Weingartner in der „Rheinpfalz“ ist beeindruckt: „Ein wunderbar empfindsamer, elegant und lakonisch geschriebener Roman, dessen dezente Personenzeichnung der Leserschaft viel Gedankenfreiheit lässt. Hier wird deutsche Geschichte par excellence verhandelt – in jeglicher Hinsicht.“

Die Realisierung der  Lesung wird dankenswerterweise gefördert von der „Dres. Klaus und Monika von Wild Stiftung e.V.“. Denn der Roman stelle Leben und Werk von Ludwig Lendle, – 1936 bis 1943 Lehrstuhlinhaber für Pharmakologie in Münster – eindrucksvoll dar. Unterstützt werde diese Einschätzung durch Forschungsergebnisse, die Prof. Dr. Hans-Georg Hofer vom Institut für Ethik, Geschichte und Theorie in Münster zur Medizin in der NS-Zeit vorgelegt habe. Professor Hofer wird ein Grußwort sprechen und sich an der Diskussion über den Roman beteiligen.