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Gerbrand Bakker

Für die englische Übersetzung seines ersten Roman „Oben ist es still“ erhielt er 2010 den hochdotierten International IMPAC Dublin Literary Award, und auch hierzulande gehört Gerbrand Bakker bereits zu den Autoren, auf deren neues Buch das Publikum gespannt ist. In diesem Jahr erscheinen gleichzeitig drei Bücher des 1962 geborenen Niederländers. „Birnbäume blühen weiß“ ist die „durchgesehene Neuauflage“ eines bereits im Jahr 2001 in deutscher Übersetzung erschienenen Jugendromans. Unter dem Titel „Komische Vögel“ kommt ein „Tiertagebuch“ des diplomierten Gärtners Gerbrand Bakker heraus. Am Dienstag den 15. Mai wird Bakker um 20 Uhr in der Bibliothek des Hauses der Niederlande (Krameramtshaus, Alter Steinweg 6-7) aus seinem neuen Roman „Der Umweg“ lesen. Es ist eine Veranstaltung des Literaturvereins Münster und des Instituts für Niederländische Philologie der Westfälischen Wilhelms-Universität.

„Der Umweg“ – dieser Titel kann sich auf einen räumlichen, aber auch auf einen lebensgeschichtlichen Umweg beziehen. Gerbrand Bakker erzählt die Geschichte einer Frau, die von einem Tag auf den anderen alle Bindungen auflöst. Agnes, eine Anglistin, lässt ihren Mann – ohne Angabe von Gründen - in Amsterdam zurück und mietet sich – offenbar für eine berechnete Frist – in Wales ein abgelegenes Bauernhaus, das sie nach ihren Bedürfnissen einrichtet. Was sie zu dieser Flucht, diesem Aufbruch – diesem „Umweg“? – veranlasst hat, wird allenfalls angedeutet. Gerbrand Bakker gestattet nur indirekte Einblicke in eine ungewünscht kinderlose Ehe, in ein verhohlenes Beziehungsproblem, in eine Affäre am akademischen Arbeitsplatz – und in eine Krankheit zum Tode. Aber erzählen tut er von etwas anderem. Agnes fühlt und fügt sich ein in die walisische Landschaft mit ihren mythischen Steinkreisen, sie kümmert sich – so linkisch wie entrückt - um Haus und Garten, Fauna und Flora, sie schaut nach dem Wetter. Und: Agnes beschäftigt sich mit Emily Dickinson, deren Gedichte ihr lebensnotwendig werden. Eines Tages steht ein junger Mann in der Tür, der dabei ist, die Umgebung des Hauses für eine Wanderkarte zu erfassen: Mit einer fast somnambulen Selbstverständlichkeit werden Bradwen und sein Hund zu Hausgenossen. Agnes und den Jüngling verbindet die Nähe, die sie trennt: In Gerbrand Bakkers stoischer Erzählung beginnt sich ein Mobile aus zwei verschlossenen Menschenkindern zu bewegen. Während der November- und Dezemberwochen, in denen Agnes darüber nachdenkt, was Arbeit und Leben ihr noch bedeuten, sind es immer wieder Zeilen der amerikanischen Dichterin, die ihre Wahrnehmungen und Gedankenspiele aufrichten. „Was Bakkers Figuren antreibt“, heißt es in einer Rezension der Süddeutschen Zeitung, „ wird im Unausgesprochenen, in kleinen Gesten, Details, Übersprungshandlungen eher deutlich als in Worten.“ Große, lautlose Prosa!