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Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen

Der Literaturverein Münster eröffnet sein diesjähriges Jahresprogramm mit einem Autor, der vor fast dreieinhalb Jahrhunderten den ersten großen deutschen Roman geschrieben hat. Sein Autor ist verhindert, dafür wird ihn ein Schriftsteller präsentieren, der diesen Roman aus dem Deutschen ins Deutsche übertragen hat. Am Montag, den 21. September wird um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei dieses grandiose Buch vorgestellt werden: Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausens „Der abenteuerliche Simplicissimus Deutsch“. Der „Übersetzer“ dieses Buches ist der 1950 geborene Schriftsteller Reinhard Kaiser. Er hat dem Buch weder das „Barocke“ genommen noch ihm populistisch „Modernes“ gegeben. Seine in Wortschatz und Zeichensetzung „hilfreiche“ Übersetzung bleibt verblüffend transparent für das Original. Grimmelshausens so aufgekratztes wie intelligentes Behagen, „mit Lachen die Wahrheit zu sagen“, kann jetzt schwerelos den heutigen Leser erreichen.

Aus dem Register, das Kaiser dem Roman beigegeben hat, ergibt sich bereits, dass hier ein Roman in eine Stadt kommt, die in ihm durchaus eine gewichtige Rolle spielt; einmal fragt „Jupiter“ den Helden, was er für Neuigkeiten aus Münster bringe: „Glauben die Menschen etwa, sie könnten ohne meine Zustimmung Frieden schließen?“ Und unter den Namen seines Geburtsortes Gelnhausen hat Grimmelshausen hat bereits eine bedeutende Rolle gespielt in einer Erzählung, deren Handlungsgegenwart im Jahr vor dem Westfälischen Friedensschluss liegt: Günter Grass’ Erzählung „Das Treffen in Telgte“.

Eine Charakterisierung des Romans stammt von Grimmelshausen selbst: „Das ist die Beschreibung eines seltsamen Vaganten, genannt Melchior Sternfels von Fuchshaim. Nämlich: wo und wie er in diese Welt gekommen, was er darin gesehen, erfahren, gelernt und ausgestanden, auch warum er sie freiwillig wieder verlassen hat. Überaus unterhaltsam und für jedermann nützlich zu lesen.“ Heute kann man zu diesem „nützlich“ ein „möglich“ hinzufügen. Reinhard Kaiser – in einem fiktiven Interview mit Grimmelshausen – formuliert die Bilanz seines Projektes: „Es wäre allerdings vermessen zu behaupten, dass bei dieser Operation, wenn der Übersetzer nur genügend Treue walten lässt, nichts verloren ginge. (…) Aber anderes kommt, wenn die Sache gelingt, wieder zum Vorschein oder lässt sich auf neue Weise sichtbar machen. Ich hoffe jedenfalls, dass die Übersetzung denen, die sie bald lesen werden, zu Entdeckungen verhilft, mit denen sie nicht gerechnet haben.“
Das Münsteraner Publikum hat jetzt die Gelegenheit, die Rechnung mit einem sehr sympathischen „Wirt“ zu machen.