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Per Leo
Im letzten Jahr hat er auf der Shortlist zum Preis der Leipziger Buchmesse gestanden. Die Jury hat das so begründet: „Der Historiker Per Leo hat jetzt die eigene Familiengeschichte mit ungewohnten stilistischen und dramaturgischen Mitteln zum Roman geformt. Der sehr heutige ‚Nazienkel‘ arbeitet sich, mit großer Zuneigung zu seinen Figuren, auch in die dunklen Seiten der deutschen Vergangenheit hinein.“ Am Donnerstag, den 11. Juni 2015 wird Per Leo um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei aus seinem Roman „Flut und Boden“ lesen, der bereits in 4. Auflage vorliegt.Per Leo, geboren 1972 in Erlangen, hat Geschichte, Philosophie und russische Philologie studiert und wurde 2009 mit einer Arbeit über „Ludwig Klages und die Tradition des charakterologischen Denkens“ promoviert. 2011 erhielt er für seine Dissertation den Humboldtpreis – Sonderpreis »Judentum und Antisemitismus«. Leo lebt mit seiner Familie in Berlin und arbeitet als freier Autor – und als Schatullenproduzent, der den Besuchern des Münsteraner Weihnachtsmarkts nicht fremd sein dürfte …
Leo wählt für sein Buch die klassische Gattungsbezeichnung „Roman einer Familie“. Im Mittelpunkt aber stehen die beiden Brüder Martin und Friedrich. In einer persönlichen Lebenskrise macht sich der angehende Historiker Per an die Erforschung des Lebens seines Großvaters Friedrich. Mit Entsetzen verfolgt er, wie aus seinem Vorfahren ein aktivistischer Krieger und Abteilungsleiter im Rasse- und Siedlungshauptamt der SS geworden ist. Dieser hat professionellen Kontakt zu dem SS-Standartenführer und Anthropologen Bruno K. Schultz, der nach dem Krieg noch an der Universität Münster lehrte. Aber erst als Leo dem Großvater Friedrich dessen vergeistigten Bruder, den Goetheaner Martin, an die Seite stellt, gewinnt er ein tatsächliches Bild vom Glanz und Niedergang seiner Familie. In dem ihm immer fremd gebliebenen Nazi-Opa entdeckt er einen rebellischen jungen Mann, der uns viel näher ist, als uns lieb sein kann. Seine Liebe jedoch gilt dem Großonkel Martin. Gustav Seibt in der Süddeutschen Zeitung charakterisiert das Verfahren des Autors: „Leo übersetzt Geistesgeschichte in familiäre Intimität, so wird sie neu zugänglich. Hier rechtfertigt sich der Schritt von der Historie zum Roman. Leo verwandelt Individuen mit sanfter Klarheit zu Idealtypen, so ähnlich wie Gerhard Richter Familienfotos zu Gemälden verwischt: Die Individuen bleiben durchschimmernd erhalten, ihre Konturen werden weich und allgemein, was man fast selbst als ein Goethesches Verfahren bezeichnen könnte.“