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Peter Kurzeck

Dass ein Autor seinen Roman mit der Schreibmaschine zu Papier bringt ist, ist heute zwar nicht mehr selbstverständlich, kommt aber noch vor. Dass er in seinem Manuskript handschriftliche Korrekturen vornimmt, ist auch nicht ungewöhnlich. Und dass er diese Seiten dann diktiert, mag auch noch angehen. Der Autor, mit dem der Literaturverein Münster die zweite Hälfte seines Jahresprogramms beginnt, hat diesen Roman indes öffentlich diktiert, im Frankfurter Literaturhaus. Menschen aus ganz Deutschland – sie alle sind im Impressum des Buches aufgeführt - haben ihm dabei geholfen, das Manuskript für eine Textdatei zu erfassen.

Am Freitag, den 9. September wird um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei Peter Kurzeck aus seinem mehr als 1000 Seiten umfassenden „Vorabend“ lesen. Es ist der - kurz nach Erscheinen bereits in zweiter Auflage vorliegende - fünfte Teil eines gigantischen Romanprojektes, das den Titel trägt „Das alte Jahrhundert“. Zu Recht hat der Autor in diesem Jahr den Grimmelshausen-Preis bekommen.
Peter Kurzeck, 1943 in Tachau, Böhmen, geboren lebt heute abwechselnd in Frankfurt und Südfrankreich. Er hat seinem „Vorabend“ ein Motto vorangestellt, das die bescheidene Vermessenheit seines Schreibens lakonisch auf den Punkt bringt: „Die ganze Gegend erzählen, die Zeit!“ Gewidmet hat er das Buch seiner Tochter Carina. Sie kommt schon zu Beginn des Romans vor, in Sätzen, deren atmende Mündlichkeit „unübersehbar“ ist; Handlungsgegenwart ist das Jahr 1982: „Wieder Herbst. Oktober. Morgens, die Straße naß. Kühl und feucht ist die Luft. Kühle graue Herbstmorgen. Schreiben und jeden Tag mit Carina in den Kinderladen. Jetzt immer schon extra früh aus dem Haus, damit wir die Schulkinder gehen sehen. Besonders die Kleinen, die am Ende des Sommers erst eingeschult worden sind. Die Erstklässler alle Tage.“ Wie sich hier Innenwelt und Außenwelt miteinander verschränken, wie Peter Kurzeck zugleich ein Selbstgespräch führt und seine Figur mit ins Gespräch hineinnimmt, mag hier repräsentativ stehen für die suggestive Musikalität dieser Prosa, die unvergesslich auch zu vernehmen ist in den Hörbüchern, die Petzer Kurzeck selbst gesprochen hat. „Äußerer“ und „innerer“ Anlass des Romans – und seines Titels – ist die bevorstehende Trennung von Freunden: "Nur noch ein oder zwei Samstage in Eschersheim und dann sind sie weg, Jürgen und Pascale. War es dieses vorletzte letzte Wochenende, dass ich von dem Wintersonntag anfing und von Oberhessen? Oder vorher schon und muss dann immer weiter, muss durch das Jahr all die Jahre, muss die ganze Gegend erzählen und alles, was nicht mehr da ist." Rainer Moritz in der Neuen Zürcher Zeitung: „Meisterhaft überbrückt er in seiner Suada die Kluft zwischen erzählter Zeit und Erzählzeit, baut denkbar einfach wirkende Sätze, die oft abbrechen oder nur aus einzelnen Wörtern bestehen. Pointillistisch entsteht so ein Epochengemälde, und dieser Peter Kurzeck ist ein Glücksfall für die deutschsprachige Literatur.“