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Angela Steidele
Leipzig im 18. Jahrhundert. Johann Sebastian Bach vermisst das Universum in Tönen, unterstützt von seiner Frau, der Kammersängerin Anna Magdalena und seiner ältesten Tochter Dorothea. Empört über die Biographie, die Johann Christoph Gottsched nach dem frühen Tod seiner Frau Luise veröffentlicht hat, beschließt Dorothea Bach, ihre eigenen Erinnerungen zu Papier zu bringen.Dieser Ära hat Angela Steidele sich nicht zum ersten Mal zugewandt. Am Montag den 27. Februar 2023, wird sie um 20 Uhr im Theatertreff (Neubrückenstraße 63) aus ihrem neuen Roman lesen, der im letzten Herbst unter dem Titel „Aufklärung“ erschienen ist und im Dezember 2022 auf der SWR 2-Bestenliste stand.
Angela Steidele, geboren 1968, schreibt Bücher über das Spannungsverhältnis zwischen Geschichte und Gegenwart, Kunst und Wissenschaft. Auf der Basis historischer Quellen aus dem 18. und 19. Jahrhundert erzählt sie exemplarische Liebesgeschichten zwischen Gleichgeschlechtlichen.
Nach dem Abitur arbeitete Angela Steidele 1988 – 1990 als Freiwillige der Aktion Sühnezeichen e. V. in Israel. Sie studierte von 1990 bis 1996 Literaturwissenschaft, Musikwissenschaft und Philosophie in Hildesheim. In ihrer 2003 veröffentlichten Dissertation „Als wenn Du mein Geliebter wärest. Liebe und Begehren zwischen Frauen in der deutschsprachigen Literatur 1750 –1850“ ist Steideles Grundthema bereits enthalten.
Leichthändig und heiter zeichnet Angela Steidele in ihrer „Aufklärung“ ein gewitztes Porträt dieser Zeit. Aus Frauensicht erzählt sie von Musikern und Buchdruckern, Dichterinnen und Schauspielerinnen, von wissenschaftlichen Höhenflügen und von der Weltweisheit in der Musik. Historisch versiert, unsere Gegenwart im Blick, schildert sie eine Epoche, in der es kurz möglich schien, Frauen und Männer könnten gemeinsam die Welt zur Vernunft bringen. Andreas Platthaus in der F.A.Z. stellt fest, das Buch sei „mit seiner Vielstimmigkeit und den wechselnden Rhythmen der Erzählung selbst ein großes Oratorium geworden“.
Vor fünf Jahren hatte der Literaturverein in Zusammenarbeit mit der Kunststiftung NRW eine erste Lesung mit Angela Steidele veranstaltet. In ihrem Buch „Geschichte einer Liebe. Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens“ hatte die Autorin nicht nur ein neues Kapitel der Mentalitätsgeschichte des frühen 19. Jahrhunderts vorgelegt, sondern auch ein neues Licht auf Annette von Droste-Hülshoff geworfen. Ihr neues Buch hat ebenfalls einen – überraschenden – Münsterbezug. Am Dienstag, den 24. November 2015 wird Angela Steidele um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei aus ihrem neuen Buch „Rosenstengel: Ein Manuskript aus dem Umfeld Ludwigs II.“ lesen. Ermöglicht wird die Veranstaltung abermals von der Kunststiftung NRW.
Angela Steidele, geboren 1968, studierte Literaturwissenschaft und Kulturwissenschaften in Hildesheim und promovierte über „Liebe und Begehren zwischen Frauen in der deutschsprachigen Literatur 1750-1850“. Dieses Thema hat sie 2004 in einer wissenschaftlichen Biographie auf die letzte Frau fokussiert, die in Europa wegen Unzucht mit einer anderen Frau hingerichtet wurde: „In Männerkleidern. Das verwegen Leben der Catharina Link alias Anastasius Rosenstengel.“ Und sie hat dieses Material zu ihrem ersten Roman verarbeitet – und der hat es im Oktober und November sofort auf die SWR Bestenliste gebracht und auf die Nominierungsliste für den Bayrischen Buchpreis.
Als der bayerische Märchenkönig Ludwig II. durch den Arzt Franz Carl Müller zufällig von dem delikaten Fall des Anastasius Rosenstengel erfährt, lässt ihn dessen eigentümliches Schicksal nicht mehr los. Er drängt den Mediziner, ihn in die Recherchen einzuweihen, die Unglaubliches zutage fördern. Rosenstengel zog als Prophet umher, kämpfte als Musketier im Spanischen Erbfolgekrieg und heiratete mit kirchlichem Segen Catharina Margaretha Mühlhahn. Vom Herbst 1718 bis Ostern 1720 machte das Paar Station im Jesuitenkolleg zu Münster, ehe es im Herbst 1720 einer damals skandalösen Maskerade überführt wurde. Denn Rosenstengel war in Wahrheit eine Frau mit Namen Catharina Linck. Ende Mai 1720 wurde gegen beide Frauen in Halberstadt ein Inquisitionsprozess durchgeführt. Catharina wurde zum Tode verurteilt, im November 1721 durch das Schwert hingerichtet und unehrenhaft unter dem Galgen bestattet. Jedes Detail, das sich der faszinierte Monarch während nächtlicher Schlittenfahrten, in der Venusgrotte von Schloss Linderhof oder im tropischen Wintergarten der Münchner Residenz berichten lässt, bringt den jungen Arzt und den einsamen König einander näher, bald geraten beide in einen Strudel tiefer Verwirrung: Wo verläuft die Grenze zwischen wissenschaftlichem Eifer und verbotenem Begehren, Täuschung und Wahrheit, Perversion und Normalität, Mann und Weib, König und Untertan? Angela Steidele hat einen atemberaubenden historischen Briefroman über Trug, Wahn, Leidenschaft und Irrsinn geschrieben und über die Frage, wie viel Liebe das Leben und wie viele Leben die Liebe fassen kann.
»Am besten vergleichst Du uns ein paar Leuten, die sich spät finden und dann einander heiraten. Stürbe sie – so spräng ich jetzt in den Rhein, denn ich könnte nicht ohne sie bestehen«, so – zum Äußersten bereit – erklärt Adele Schopenhauer ihrer Freundin Ottilie von Goethe das, was sie mit Sibylle Mertens-Schaaffhausen verbindet. Die Geschichte dieser leidenschaftlichen Beziehung hat die 1968 geborene Angela Steidele erzählt. In Zusammenarbeit mit der Kunststiftung NRW hat der Literaturverein die Autorin zu einer Lesung nach Münster eingeladen. Am Donnerstag, den 8. Juli 2010 wird sie um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei aus der „Geschichte einer Liebe“ lesen, einem Buch, das nicht nur ein neues Kapitel der Kulturgeschichte des frühen 19. Jahrhunderts schreibt, sondern auch ein neues Licht wirft auf „unsere“(?) Annette von Droste-Hülshoff. Dass es das kann, ist einem glücklichen Umstand zu verdanken. Angela Steidele hatte, als das Historische Archiv der Stadt Köln einstürzte, alle für sie wichtigen Quellen bereits ausgewertet, so dass die Katastrophe sie nur noch am Korrekturlesen der Zitate hindern konnte.
Adele Schopenhauer – Schriftstellerin, Künstlerin, die Schwester des Philosophen Arthur Schopenhauer – und die »Rheingräfin« Sibylle Mertens-Schaaffhausen, eine der gebildetsten Frauen ihrer Zeit, Musikerin, Komponistin, Archäologin, Antikensammlerin und Mäzenin, deren Salons in Bonn und Rom berühmt waren: In einer schwerelosen Verschränkung von Erzählung und Zitat vergegenwärtigt Angela Steidele eine erotische Beziehung, die nicht nur von dem Ehemann und den sechs Kindern der einen „bedroht“ wird, sondern auch von dem Hang der anderen, neue Eroberungen zu machen. Eine solche Eroberung ist Annette von Droste-Hülshoff, und es scheint nicht ganz abwegig, die Liebesgeschichte auch als eine komplexe Dreiecksgeschichte zu betrachten; Angela Steidele bringt in ihrem Buch die „unverbrauchtesten“ Zitate von der Droste und über die Droste. Aber kaum weniger interessant als die biographischen.Details sind die neuen Facetten, die sich aus ihnen für das literarische Werk der Annette von Droste-Hülshoff ergeben. Angela Steidele liest zum Beispiel das oft als Gruselballade missverstandene Gedicht „Das Fräulein von Rodenschild“ als eine kunstvoll verschlüsselte Auskunft über den „prekären Stand der Frauenliebe in der Gesellschaft“. Die „Süddeutschen Zeitung“ bescheinigt Angela Steidele, sie enthülle vor dem staunenden Leser eine Welt, von deren Vielgestaltigkeit er nichts geahnt habe: „Hier lernt man das klassische, das biedermeierliche Deutschland neu kennen und man erkennt auch die Gewalten, die es unterminierten.“