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Lutz Seiler

Bereits nach Bekanntgabe der „Longlist“ zum Deutschen Buchpreis 2014 hatte Lutz Seiler mit zu den Favoriten gehört, im September und Oktober stand sein Roman auf Platz 1 der SWF-Bestenliste, und wie von vielen erwartet hat Seiler den Buchpreis dann auch gewonnen; sein Buch steht prompt an der Spitze der Bestsellerliste. Am Montag, den 27. Oktober 2014 wird er um 20 Uhr im Kleinen Haus des Theater Münster, Neubrückenstraße 63, aus seinem Roman „Kruso“ lesen.

Der 1963 in Gera/Thüringen geborene Autor lebt heute in Wilhelmshorst, wo er das Literaturprogramm im Peter-Huchel-Haus leitet, und in Stockholm. Er hat sich zunächst einen Namen als Lyriker gemacht und war als solcher auch bereits Gast des Lyrikertreffens Münster. Für sein Werk erhielt er mehrere angesehene Preise, darunter den Ingeborg-Bachmann-Preis, den Bremer Literaturpreis, den Fontane-Preis, in diesem Jahr den Uwe-Johnson-Preis und den Marie-Luise-Kaschnitz-Preis. Jetzt hat die Buchpreis-Jury ihre Entscheidung so begründet: „Lutz Seiler beschreibt in einer lyrischen, sinnlichen, ins Magische spielenden Sprache den Sommer des Jahres 1989 auf der Insel Hiddensee – einem ‚Vorhof des Verschwindens‘. Hier sammelten sich Sonderlinge, Querdenker, Freiheitssucher, Menschen, die aus der DDR fliehen wollten. Man darf die packende Robinsonade um den titelgebenden Kruso und den jungen Abwäscher Edgar als wortgewaltige Geschichte eines persönlichen und historischen Schiffbruchs lesen – und als Entwicklungsroman eines Dichters. Der Text entwickelt eine ganz eigene Dringlichkeit und ist nicht zuletzt ein Requiem für die Ostseeflüchtlinge, die bei ihrer Flucht ums Leben kamen. Lutz Seilers erster Roman überzeugt durch seine vollkommen eigenständige poetische Sprache, seine sinnliche Intensität und Welthaltigkeit.“ Seilers Edgar Bentler trägt deutlich autobiographische Züge, und lebensgeschichtlich motiviert ist auch das besagte Requiem. Es konkretisiert sich im ergreifend nüchternen „Epilog“ des Romans. Hier macht sich „Ed“ – fast ein Vierteljahrhundert nach der Handlungsgegenwart des Romans – in Kopenhagen auf die Suche. Im „Museum der Ertrunkenen“ finden sich Spuren jener Menschen, die über die Ostsee nach Dänemark fliehen wollten. Mehr als 5600 Bürger der DDR haben das versucht, 913 mit Erfolg, 174 sind dabei gestorben, die anderen wurden festgenommen. Laut Gerichtsmediziner ist Edgar der Erste in 24 Jahren, der dieses „Museum“ besucht …

Elke Schmitter hat im „Spiegel“ den Roman so charakterisiert: „Vor allem aber ist ‚Kruso‘ eine gleichnishafte Erzählung über die Gegenwärtigkeit des Erlebens, über ‚Lebenszeit und Weltzeit‘, wie der Philosoph Hans Blumenberg die Spannung zwischen dem historischen Geschehen und der persönlichen Erfahrung nennt. Und wie jede große Dichtung gibt der Roman mehr Rätsel auf, als er löst – nur dass es nicht nur quälende, sondern auch beglückende Rätsel sind.“