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Larissa Boehning

Sie hat ehrenvoll auf der „Longlist“ zum Deutschen Buchpreis 2007 gestanden – neben so prominenten Namen wie Arnold Stadler, Martin Mosebach, Katja-Lange Müller, Julia Franck. In diesen Wochen hat sie ihren Stipendienaufenthalt im Künstlerdorf Schöppingen angetreten. Der Literaturverein nutzt die Chance, Larissa Boehning zu einer Lesung nach Münster einzuladen. Am Mittwoch, den 12. Dezember wird sie um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei aus ihrem ersten Roman lesen: „Lichte Stoffe“.

Die 1971 in Wiesbaden geborene Autorin hat Kulturwissenschaft und Kunstgeschichte studiert und sich in ihrer Magisterarbeit einem aparten Thema gewidmet: „Versinnlichung von Information? Über die Geste des Tastens und die Phantasie der Berührung im Internet“; heute unterrichtet sie Literarisches Schreiben an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Für ihren Erzählungsband „Schwalbensommer“ (2002) hat sie den „Literaturpreis Prenzlauer Berg“ erhalten, und die Kritik wusste nicht recht, ob sie die Autorin der „Generation Golf“ zuordnen oder mit Judith Hermann vergleichen sollte. Der Roman jetzt erzählt eine unerhörte Begebenheit, und er wäre eher eine spannende Novelle, hätte er sich nicht die Zeit und den Raum genommen, auch von der Welt zu erzählen, in der diese Suche stattfindet. Es ist ein himmelschreiend melodramatischer Plot, den der Roman ausbreitet.

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges eignet sich ein schwarzer amerikanischer Gefreiter ein Gemälde an, das die Nazis in einem Stollen vor den Bombardierungen in Sicherheit gebracht hatten. Zwischen dem Besatzungssoldaten und einer jungen deutschen Frau, die sich in einem amerikanischen Casino prostituiert, kommt es zu einer Liebesbeziehung. Der Soldat schenkt ihr das Bild, das ein „Mädchen mit Hut“ darstellt. Als der Soldat von Berlin nach Amerika zurückbeordert wird, will seine – schwangere - Geliebte in Berlin bleiben und gibt ihm das Gemälde zurück. Jahrzehnte später macht sich die Tochter dieser Frau auf die große Suche, reist in die USA, „geleitet“ von Tonbändern, die ihre Großmutter ihr hinterlassen hat. Eine Suche, die sie nicht nur deswegen unternimmt, weil es Anhaltspunkte dafür gibt, dass es sich um ein millionenschweres Degas-Gemälde handelt. Ein wichtigeres Motiv ist ihr Bedürfnis, Klarheit in eine verschwiegene Familiengeheimnisse zu bringen, von denen es widersprüchliche Versionen gibt.

Larissa Boehning erzählt das alles in einer Stafette von Rückblenden, die in den Rückflug aus Amerika einmontiert sind. Und es ist staunenswert, dass man auf jeder Seite die Konstruiertheit des Plots vergisst. Denn die Geschichten dreier Frauen, die Larissa Boehning erzählt, können genauso für sich einnehmen wie die „Exkurse“ in die Beutekunstdebatte, den internationalen Kunst-„Austausch“, neueste Werbestrategien – Informationen, die tatsächlich phantasievoll versinnlicht worden sind.