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Nino Haratischwili

Nino Haratischwili wurde einem großen Leserkreis bekannt durch ihr Familienepos „Das achte Leben (Für Brilka)“, das im Jahr 2014 erschienen ist. Der fast 1300 Seiten umfassende Roman wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und ist unter anderem mit dem Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft, dem Anna Seghers-Literaturpreis, dem Lessing-Preis-Stipendium und zuletzt mit dem Bertolt-Brecht-Preis ausgezeichnet worden. Ihr neuester Roman wurde im letzten Jahr für die Shortlist des Deutschen Buchpreises nominiert. Am Dienstag, den 12. März 2019 wird die Autorin um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei aus diesem abermals gewaltigen Werk lesen: „Die Katze und der General“.
Nino Haratischwili wurde 1983 in Tiflis, Georgien, geboren. Einem Studium der Filmregie an der dortigen staatlichen Schule für Film und Theater folgte von 2003 bis 2007 eine Ausbildung an der Theaterakademie in Hamburg. Auch Haratischwilis dramatische Arbeiten wurden mehrfach geehrt, u.a. 2008 mit dem Hauptpreis des Heidelberger Stückemarkts sowie 2010 mit dem Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis.

In „Die Katze und der General“ setzt Nino Haratischwili die literarische Auseinandersetzung mit der aktuellen Geschichte ihres Herkunftslandes fort. Der Protagonist ihres neuen Romans ist der russische Oligarch Alexander Orlow, der von allen „Der General“ genannt wird. Dieser hat ein neues Leben in Berlin begonnen. Doch die Erinnerungen an seinen Einsatz im Ersten Tschetschenienkrieg lassen ihn nicht los. Die dunkelste ist jene an die grausamste aller Nächte, nach der von der jungen Tschetschenin Nura nichts blieb als eine große ungesühnte Schuld. Der Zeitpunkt der Abrechnung ist gekommen.

Nino Haratischwili spürt in ihrem neuen Roman den Abgründen nach, die sich zwischen den Trümmern des zerfallenden Sowjetreichs aufgetan haben. „Die Katze und der General“ ist ein spannungsgeladener, psychologisch tiefenscharfer Schuld-und-Sühne-Roman über den Krieg in den Ländern und in den Köpfen, über die Sehnsucht nach Frieden und Erlösung. Wie in Rubiks Zauberwürfel – der ein metaphorisches Leitmotiv ist - drehen sich die Schicksale der Figuren ineinander, um eine verborgene Achse aus Liebe und Schuld. Sie alle sind Teil eines tödlichen Spiels, in dem sie mit der Wucht einer klassischen Tragödie aufeinanderprallen.

Hannah Lühmann befindet in der „Welt“, dass Haratischwili eine Autorin sei, die sich beim Schreiben „aussetze“ – ohne ein System, das sie notfalls absichere: „Ihre Welten sind magische Wucherungen, zum Glück gehalten von einer tiefen Urbegabung zum klassischen Erzählen und dramatischen Strippenziehen. Sie, die erst als Teenager Deutsch gelernt hat, gibt der jüngeren deutschsprachigen Literatur auf einem Umweg – und freilich, ohne sich das zum Programm zu machen, gerade im Gegenteil – zurück, was sie leider oft nicht kann: erzählen. Und nicht nur sogenanntes welthaltiges Erzählen, sondern überhaupt: erzählen.“




Bereits als 15-jährige hat sie eine zweisprachige deutsch-georgische Theatergruppe geleitet, in den letzten anderthalb Jahrzehnten mehr als ein Dutzend Theaterstücke geschrieben und größtenteils selber inszeniert; und seit 2010 hat sie drei Romane vorgelegt, die insgesamt 2000 Seiten umfassen, der letzte ist doppelt so lang wie die beiden ersten – und doch so etwas wie ein „Pageturner“. Am Dienstag, den 16. Dezember 2014 wird die 1983 in Tbilissi geborene, seit 2003 in Hamburg lebende Nino Haratischwili um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei aus ihrem Roman „Das achte Leben (Für Brilka)“ lesen.

Die Veranstaltung wird von der Robert-Bosch-Stiftung gefördert, die auch den Adelbert-von Chamisso-Preis verleiht, der auf eine Idee des Münsteraner Romanisten Harald Weinrich zurückgeht. Mit dem Preis werden herausragende auf Deutsch schreibende Autoren ausgezeichnet, deren Werk von einem Kulturwechsel geprägt ist. Im Jahr 2010 hat Nino Haratischwili den Chamisso-Förderpreis erhalten und vor zwei Jahren das „Grenzgänger-Stipendium“ der Stiftung.

Georgien im Jahr 1900: Mit der Geburt Stasias, Tochter eines Schokoladenfabrikanten, beginnt alles. Stasia wächst in der Oberschicht auf und heiratet jung den Weißgardisten Simon Jaschi, der am Vorabend der Oktoberrevolution nach Petrograd versetzt wird. Als Stalin an die Macht kommt, sucht Stasia mit ihren beiden Kindern Kitty und Kostja in Tbilissi Schutz bei ihrer atemraubend schönen Schwester Christine.

Deutschland im Jahr 2005: Nach dem Fall der Mauer und der Auflösung der UdSSR herrscht in Georgien Bürgerkrieg. Niza, Stasias hochintelligente Urenkelin, hat mit ihrer Familie gebrochen und ist nach Berlin ausgewandert. Als ihre zwölfjährige Nichte Brilka nach einer Reise in den Westen nicht mehr nach Tbilissi zurückkehren möchte, spürt Niza sie auf. Ihr wird sie die ganze Geschichte erzählen: von Stasia, die still den Zeiten trotzt, von Christine, die für ihre Schönheit einen hohen Preis zahlt, von Kitty, der alles genommen wird und die doch in London eine Stimme findet, von Kostja, der den Verlockungen der Macht verfällt und die Geschicke seiner Familie lenkt, von Kostjas rebellischer Tochter Elene und ihren Töchtern Daria und Niza und von der Heißen Schokolade nach der Geheimrezeptur des Schokoladenfabrikanten, die für sechs Generationen Rettung und Unglück zugleich bereithält –

Indes, jede Inhaltsangabe muss den literarischen, den historischen und den existentiellen Gehalt des Werkes verfehlen, das Burkhard Müller in der Süddeutschen Zeitung so charakterisiert: „Nino Haratischwili hat ein großes Buch geschrieben: ein Buch, das ein Jahrhundert und den halben Globus überblickt und in dem doch, wie im Erleben eines kleinen Kindes, alles nur Liebe und Schrecken ist. Es ist ein Wurf, der aus den heutigen Voraussetzungen und Mitteln des Deutschen und der Deutschen allein niemals hätte gelingen können; ein Geschenk an uns aus den Widersprüchen und der Größe des Ostens. Der ist uns näher gerückt, als wir wahrhaben wollen.“