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Anneke Brassinga

Nachdem Cees Nooteboom auf Anraten seines Arztes die Teilnahme am Lyrikertreffen Münster „im letzten Moment“ hatte absagen müssen, ist es der Künstlerischen Leitung des Lyrikertreffens gelungen, die große niederländische Dichterin und Übersetzerin Anneke Brassinga zu gewinnen. Sie wird in der Abendlesung am Freitag (19 Uhr, Theater Münster, Kleines Haus, Neubrückenstraße 63) auftreten.

Anneke Brassinga, 1948 in Schaarsbergen/Niederlande geboren, lebt in Amsterdam. Sie studierte Übersetzungswissenschaft und arbeitet als literarische Übersetzerin.

Seit 1985, als mit „Brassinga’s debuut“ ihre erste Publikation erschien, der zahlreiche weitere Gedichtbände folgten, bezaubert die Dichterin, Prosaautorin, Essayistin und Übersetzerin (u.a. Ingeborg Bachmann, Hermann Broch, Mallarmé, Valdimir Nabokov und Sylvia Plath) ihre Leserschaft mit einem einzigartigen Erfindungsreichtum und Gespür für das Material der Sprache. Hierfür verliehen die Niederlande ihrer »Sprachmagierin« 2015 den wichtigsten Literaturpreis, den das Land zu vergeben hat: den P.C. Hooft-Prijs für ihr dichterisches Lebenswerk. Anneke Brassinga war 2014 Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD in Berlin.

Als Übersetzerin übertrug sie u. a. Werke von Jules Verne, Oscar Wilde, Ingeborg Bachmann, Samuel Beckett und Vladimir Nabokov ins Niederländische. Einerseits liebt Brassinga das Spiel mit Wortneuschöpfungen – zugleich erscheint ihre Lyrik wie ein „Sanktuarium für bedrohte Wörter“, so Rob Schouten. Dennoch bewegen sich ihre Gedichte nicht einfach in einer rein sprachlich definierten Parallelwelt, sondern wurzeln sehr wohl in der Realität. Viele ihrer Gedichte handeln vor allem von der Natur – für Brassinga Inbegriff der Schöpfung selbst. Ihr huldigt sie, indem sie nicht zuletzt auch das Dichten als eine Art Schöpfung erachtet, die etwas ins „Seyn“ bringt (so der Titel eines ihrer Gedichte), sprich: den Akt der Schöpfung am Material der Sprache selbst nachvollzieht. Der Gedichtband, aus dem sie in Münster lesen wird, trägt den beschwörenden Titel: „Fata morgana, dürste nach uns“, er ist übersetzt worden von Ira Wilhelm und Oswald Egger.

Was Brassinga für die Lektüre eines jeden Gedichtes als unabdingbar erachtet – gilt übrigens auch für die Lektüre ihres Werkes: Es fordert dazu heraus, den Text als eine hieroglyphische Ganzheit zu verstehen – samt seines Klangs und seiner rhythmischen Muster. Joachim Sartorius, ebenfalls Gast des diesjährigen Lyrikertreffens: „Anneke Brassingas Gedichte beglücken durch Erfindungsreichtum und Quietschlebendigkeit. Ihre Texte pulsieren wie ein lebendiges Organ.“