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Jörg Schröder
Als im Herbst 1972 von Ernst Herhaus und Jörg Schröder ohne Klappentext, ohne Autorenfotos, ohne biographische Angaben und ohne Gattungsbezeichnung „Siegfried“ erschien, nannte Dieter E. Zimmer in der „Zeit“ diese 370 Seiten starke „März“-Publikation eine „Bombe im gelben Umschlag“. Diese Lebenserinnerungen seien ein „Unikum, degoutant und faszinierend und stellenweise so schonungslos, daß sie schon wieder Format gewännen: „Ein Mann löscht seine Vergangenheit aus, und Freunde wie Feinde läßt er mit ihr untergehen“. Zum 80. Geburtstag von Jörg Schröder am 24. Oktober 2018 erscheint jetzt die finale Ausgabe des „Siegfried“, von Barbara Kalender mit einem umfassenden Anhang ausgestattet, der Leben und Werk des Autors bis in unsere Tage erzählt. Am Donnerstag, den 18. Oktober 2018 werden Jörg Schröder und Barbara Kalender im Theatertreff (Neubrückenstraße 63) diesen „Siegfried“ präsentieren.Seinerzeit hatte der Verleger Jörg Schröder seine Lebensgeschichte dem Schriftsteller Ernst Herhaus (1932–2010) erzählt, sehr „mündlich“, bei aller Egozentrik sehr schnörkellos. Es ist eine Prosa, die weniger in der Tradition der grimmig aufklärenden „Schreckensmänner“ steht, von denen Arno Schmidt gesprochen hat. Eher gehört sie zur Literatur der „Selbstentblößer“, wie Helmut Heissenbüttel diese schonungslos offenen Autobiographen genannt hat.
Schröder, 1938 in Berlin geboren, gilt als ein „enfant terrible“ der deutschen Verlagsszene der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, gleichzeitig als großer Entdecker von Literatur. Er kam 1965 zum Melzer Verlag, und ihn rettete er vor dem Konkurs, indem er die unter dem Pseudonym Pauline Réage erschienene pornographischen „Geschichte der O“ zu einem Bestseller machte. Vier Jahre später verließ Schröder den Verlag im Streit, alle Mitarbeiter sowie die meisten Autoren folgten ihm in seinen neu gegründeten „März“-Verlag. Nachdem Schröder 1987 den Verlag aus gesundheitlichen Gründen hatte aufgeben müssen, entwickelte er 1990 zusammen mit seiner Frau Barbara Kalender die Desktop-Reihe „Schröder erzählt“.
Die Lebensgeschichte des Jörg Schröder ist nicht nur die Geschichte des „März“ Verlags, welcher „lauteste“ kulturrevolutionäre Verlag Deutschlands gewesen ist. Sie ist auch ein Stück Geschichte der alten Bundesrepublik. Und sie ist auch heute noch so elektrisierend wie bei Erscheinen vor fast 45 Jahren, auch wenn viele der „dramatis personae“ nicht mehr leben.