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Lutz Rathenow am 13. November 2009 im Literaturverein

Anlässlich des 20. Jahrestages des Mauerfalls hat der Literaturverein Münster im Laufe dieses Jahres Autorinnen und Autoren vorgestellt, die sich in ihren Werken direkt oder indirekt mit der alten DDR auseinandersetzten: Kurt Drawert, Kathrin Schmidt, Natascha Wodin. Jetzt ist ein Autor zu Gast, der zu den prominentesten Mitgliedern der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung der DDR gehörte. Am Freitag, den 13. November wird um 20 Uhr im Lesesaal der Stadtbücherei Lutz Rathenow aus seiner Lyrik und Prosa lesen. Dies ist eine Veranstaltung, die der Literaturverein Münster in Zusammenarbeit mir der Stadt Horstmar und der Volkshochschule Steinfurt durchführt.

Der 1952 in Jena geborene, heute in Berlin lebende Lutz Rathenow ist seinerzeit zwei Mal verhaftet wurde: ein erstes Mal 1976 im Zusammenhang mit der Ausbürgerung Wolf Biermanns in Jahr, ein zweites Mal 1980, nachdem er sein Buch “Mit dem Schlimmsten wurde schon gerechnet“ im Westen veröffentlicht hatte. Über Rathenow existieren etwa 15.000 Seiten Stasi-Akten; im Jahr 2002 hat ihn der MDR-Fernsehfilm von Leonore Brandt „Trotzig lächeln“ porträtiert.

Soeben ist eine voluminöse Anthologie unter dem Titel „Lyrik der DDR“ erschienen. Sie präsentiert Gedichte aus den Jahren 1945 bis 1999; ein paar Mal ist auch Lutz Rathenow vertreten. In einem seiner Texte, der den Titel trägt „Das zweite im Westen geschriebene Gedicht“, heißt es: „Ich gebe mir Mühe, verdächtig zu sein. / Die Unauffälligen werden als Täter entlarvt.“
„Fortsetzung folgt“ heißt ein Band mit „Prosa vom Tage“. Hier erweist sich Rathenow als ein „gesamtdeutscher“ Gegenwartsbeobachter mit historischem Gedächtnis. Die FAZ urteilt über Rathenows Glossen: „Rathenow versteht es, einen eigenen Ton zu finden, der sich von ostalgischer Geschichtsvergessenheit ebenso wohltuend unterscheidet wie von der Beliebigkeit gefälliger Lifestyle-Kolumnen. Vielleicht ist sogar eine Antwort darauf zu finden, was vom Schreiben gegen die Diktatur nach den historischen und medialen Umbrüchen der letzten Jahre bleiben kann.“ Der auch „hier’“ nicht unumstrittene Rathenow blickt nach vorn. Sarkastisch diskutiert er die „Mauer als Exportschlager“, und in dem Text „Setzt die Stasi-Akten zusammen“ tritt er für eine „Diktaturprävention durch Analyse“ ein. Er fordert dazu auf, die in der Auseinandersetzung mit den Stasi-Akten gewonnenen Kompetenzen international einzusetzen - etwa bei der Untersuchung des irakischen Geheimdienstes unter Saddam Hussein. Mancher habe gedacht, so Rathenow, die Beschäftigung mit den Stasi-Akten werde sich bald erledigen: „Bei zu vielen Diktaturen weltweit scheint sie aber eher eine globale Perspektive zu besitzen.“